歌词
Mimirs Kopf und Odins Auge
In Jötunheim,
der Heimstatt der Riesen,
befindet sich Mimirs Brunnen.
Er sprudelt weit aus der Tiefe herauf und nährt Yggdrasill,
den Weltenbaum.
Mimir,
der Weise,
Hüter der Erinnerung,
weiß viele Dinge.
Sein Brunnen ist Weisheit,
und als die Welt jung war,
trank er jeden Morgen von dem Wasser,
indem er das Horn,
das man Gjallarhorn nennt,
hineintauchte und leerte.
Vor langer,
langer Zeit,
als die Welten noch jung waren,
legte Odin seinen langen Mantel an und setzte seinen Hut auf und reiste als einfacher Wanderer durch das Land der Riesen.
Er riskierte sein Leben,
um zu Mimir zu gelangen und Weisheit zu erbitten.
»Einen Schluck vom dem Wasser aus deinem Brunnen,
Onkel Mimir«,
sagte Odin.
»Um mehr bitte ich nicht.«
Mimir schüttelte den Kopf.
Niemand trank aus dem Brunnen,
nur Mimir selbst.
Er sagte nichts.
Wer stumm bleibt,
macht schließlich selten einen Fehler.
»Ich bin dein Neffe«,
sagte Odin.
»Meine Mutter, Bestla,
war deine Schwester.«
»Das genügt nicht«,
sagte Mimir.
»Einen Schluck.
Mit einem Schluck aus deinem Brunnen,
Mimir,
werde ich ein weiser Mann.
Nenn deinen Preis.«
»Dein Auge ist mein Preis«,
sagte Mimir.
»Dein Auge im Wasser.«
Odin fragte nicht,
ob es ein Scherz sei.
Die Reise durch das Riesenland bis zu Mimirs Brunnen war lang und gefährlich gewesen.
Odin war bereit gewesen,
sein Leben aufs Spiel zu setzen,
um hierherzukommen.
Für die Weisheit,
nach der es ihn verlangte,
war er bereit,
noch mehr zu tun.
Odins Miene war entschlossen.
»Gib mir ein Messer.« Mehr sagte er nicht.
Nachdem er das Nötige getan hatte,
legte er sein Auge sorgsam in die Quelle.
Durch das Wasser starrte es zu ihm herauf.
Nun füllte Odin das Gjallarhorn an Mimirs Brunnen und hob es an seine Lippen.
Das Wasser war kalt.
Er leerte das Horn,
und die Weisheit strömte in ihn.
Mit seinem einen Auge sah er nun weiter und klarer,
als er es je mit zweien vermocht hatte.
Später wurden Odin immer wieder andere Namen gegeben,
Blindi nannte man ihn,
den blinden Gott,
und Hoarr,
den Einäugigen,
und Baleyg – den mit dem Flammenauge.
Odins Auge blieb in Mimirs Brunnen.
Erhalten vom Wasser,
das die Weltesche nährte,
sah es nichts und sah doch alles.
Zeit verging.
Und als der Krieg zwischen den Asen und den Vanen zu Ende ging und sie Krieger und Häuptlinge austauschten,
schickte Odin Mimir zu den Vanen als Berater des Asengottes Hönir,
welcher der neue Anführer der Vanen werden sollte.
Hönir war groß und sah gut aus und hielt sich wie ein König.
Wenn Mimir an seiner Seite war und ihn beriet,
sprach er auch wie ein König und traf weise Entscheidungen.
Doch wenn Mimir nicht bei ihm war,
erschien Hönir unfähig,
überhaupt eine Entscheidung zu treffen,
und die Vanen waren es bald leid.
Sie nahmen Rache – jedoch nicht an Hönir,
sondern an Mimir: Sie schlugen ihm den Kopf ab und schickten ihn Odin.
Odin war nicht wütend.
Er rieb Mimirs Kopf mit Kräutern ein,
die ihn vor der Verwesung bewahrten,
und er sprach einige Zauberworte,
damit Mimirs Weisheit nicht verloren ginge.
Bald schon schlug Mimir die Augen auf und sprach zu ihm.
Und Mimirs Rat war gut,
so weise wie eh und je.
Odin trug Mimirs Kopf zurück zum Brunnen unter dem Weltenbaum,
und dort versenkte er ihn gleich neben seinem Auge im Wasser,
in dem alles Wissen der Zukunft und der Vergangenheit lag.
Odin gab das Gjallarhorn Heimdall,
dem Wächter der Götter.
An dem Tag,
da das Gjallarhorn ertönt,
wird es die Götter wecken,
ganz gleich,
wo sie sich befinden,
ganz gleich,
wie tief sie schlafen.
Heimdall wird das Gjallarhorn nur ein einziges Mal ertönen lassen,
am Ende aller Tage,
den Ragnarök.
专辑信息